Der Einfluss der Psyche auf Hauterkrankungen
von Dr. Elisabeth Adleff
In der klassischen Schulmedizin hat es erstaunlich lange gedauert, bis Hauterkrankungen als anerkannte psychosomatische Reaktionen auf psychisch belastende Ereignisse anerkannt wurde. Als psychosomatisch werden dabei körperliche Ausdrücke, deren Ursachen sich nicht auf rein äußerliche Einflussfaktoren beziehen, bezeichnet.
Was will die Psyche ausdrücken?
Was geht einem unter die Haut?
Was lässt einen symbolisch „aus der Haut fahren“, weil es so juckt?
Was will die Haut uns mitteilen, wenn sie uns diese Symptome zur Verfügung stellt?
Klar ist, dass irgendetwas nicht im Lot ist, und das bei einer durchaus großen Anzahl von Menschen. Klingen die Hautausschläge von sich aus in absehbarer Zeit wieder ab, so bedarf es in der Regel auch keiner weiteren Therapie. Der Organismus hat in diesem Fall seine selbstorganisatorischen Kräfte zur Heilung genutzt. Zeigt sich diese Hautreaktion allerdings als chronische – also hartnäckige und andauernde und immer wieder auftretende – Erscheinung, so ist es neben einer medizinischen Abklärung und Therapie durchaus ratsam, psychologischen Rat einzuholen. Es gilt bei allen Hauterkrankungen in einer umfassenden psychologisch-psychotherapeutischen Anamnese immer wiederkehrende Stressreize in der Lebenswelt des betroffenen Menschen ausfindig zu machen.
Zwei wesentliche Aspekte
Die große Herausforderung besteht oft darin, sich dieser Stressreize überhaupt erst bewusst zu werden und diese dann zu benennen. Manchmal haben sich nämlich die mit dem Stressor verknüpften Gefühle verselbstständigt. Bei chronischen Urtikaria-Erkrankungen sind dies signifikant häufig Gefühle von Ängstlichkeit, Depression, Frustration und Erschöpfung. Man fühlt sich schlecht, weiß aber nicht warum. Es hat sich bei den unterschiedlichsten psychosomatischen Hauterkrankungen bewährt, auf zwei Aspekte/Fragestellungen zu achten:
1. Welche Gefühle tauchen typischerweise beim Betroffenen immer wieder auf und welcher Seinszustand ist damit verknüpft?
Das heißt, was passiert in mir, wenn dieses Gefühl auftaucht, was löst es aus und wie gehe ich damit um? Erlaube ich mir überhaupt, das Gefühl wahrzunehmen? Darf ich es spüren, darf ich mich davon berühren lassen? Verdränge ich es und verabschiede es damit ins Reich des Unbewussten?
Sobald wir diese Gefühle verdrängen, kommt die Psyche ins Spiel. Diese erkennt, dass es sich dabei um ein für unsere Entwicklung wichtiges und essentielles Gefühl handelt und öffnet damit der Psychosomatik Tür und Tor: Wir nehmen das Anliegen der Psyche nicht wahr – die Psyche wird nicht gehört – sie erkennt es aber für wichtig und beginnt sich über den Körper auszudrücken: Mal juckt es hier, mal bildet sich ein Ausschlag da, dann brennt es dort. Wenn körperliche Symptome auftreten, beginnen wir, uns um unseren Körper zu kümmern. Es macht langfristig durchaus Sinn, uns nicht nur mit den Symptomen zu beschäftigen, sondern auch mit der Ursache der nach außen tretenden Symptome. Die Psyche als unser Emotionsverarbeitungsorgan (welches uns Gefühle zur Verfügung stellt) weist uns hier auf freundliche Art und Weise den Weg. Die Frage ist: Trauen wir uns, dass wir uns mit unseren Gefühlen beschäftigen? Denn viele von uns haben bereits schon sehr früh gelernt, so zu tun als wäre nichts, obwohl es innerlich brennt – manchmal sogar lodert!
2. Welches Bedürfnis liegt hinter dem Gefühl, das wir wahrnehmen?
Gefühle sind per se nicht gut oder schlecht. Sie sind einfach da. Sie sind vor allem Hinweisgeber für Bedürfnisse, die wir vielleicht schon lange nicht mehr bewusst wahrgenommen haben. Empfinden wir beispielsweise häufig in Bezug auf eine bestimmte Person ein Gefühl von Ärger oder sogar Wut oder Zorn, so können wir davon ausgehen, dass ein für uns sehr wesentliches Bedürfnis gerade nicht Erfüllung findet. In solchen Situationen ist es lohnenswert, innerlich Nachschau zu halten, welches Bedürfnis das ist. Manchmal wünschen wir uns etwa einfach ein bisschen mehr Zeit mit dem Partner/der Partnerin und sind wütend, weil er/sie so viel Zeit mit anderen Menschen/Dingen verbringt. Anstatt nun mit ausgestrecktem Finger auf den anderen zu zeigen und sie/ihn zu bezichtigen, dass er uns wütend macht, können wir zukünftig mit unserem Gefühl (Wut, Ärger) anders umgehen und unser Bedürfnis (Nähe, Zeit zu zweit) anders kommunizieren.
Die psychotherapeutische Arbeit
Die Psychotherapie gibt die Möglichkeit, uns unserer Gefühle und Bedürfnisse bewusst zu werden und diese dann auch in adäquater Art und Weise andere wissen zu lassen. So steigt damit die Wahrscheinlichkeit um ein Vielfaches, dass der/die andere uns auch mit unserem Bedürfnis wahrnimmt und entsprechend darauf reagiert. In weiterer Folge bemerkt die Psyche, dass unser Anliegen gehört wird und kann damit ihr Klagen über den Körper loslassen. Die Haut kann sich regenerieren und erholen und unser Organismus kommt in seiner bio-psycho-sozialen Gesamtheit wieder in ein gewünschtes Gleichgewicht. Nun ist all dies natürlich oftmals leichter gesagt als getan!
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“If you listen to your body when it whispers…you won’t have to hear it scream”
(Michael Duncan, 2017)
Quelle: Gender-related differences in chronic urticaria. Cassano N, Colombo D, Bellia G, Zagni E, Vena GA. G Ital Dermatol Venereol. 2015 Jun 19. [Epub ahead of print]; 2 Acta Derm Venereol. 2007;87(6):493-8. Urticarial dermographism: clinical features and respo